In diesem Interview werde ich Sophie Fragen über Inhalte der Fahrausbildung stellen. Wir werden uns über theoretische Abläufe, nützliche Gedankengänge während der praktischen Ausbildung unterhalten, um gemeinsam eine geistige Brücke zu bauen, für Eure praktische Ausbildung. Zu den besten Autofahrern der Welt zu gehören, ist ein lohnenswertes Ziel. Wir helfen Euch dabei! Sophie besitzt die Fahrerlaubnisklasse A1 und den Pkw-Führerschein (BF17) seit Juni 2019.

Ich nutze an dieser Stelle die Gelegenheit all meinen Schülern für die Unterstützung zu danken, ohne sie würden sich viele Projekte noch in meiner Gedankenschublade befinden. In den letzten Jahren habe ich viel positives Feedback von Führerscheininhabern erhalten. Beim Erwerb einer weiteren Fahrerlaubnisklasse wurde mir immer wieder von diesen Fahrschülern bestätigt, wie wichtig die regelmäßige Auseinandersetzung mit dem Thema »Fahren« ist. Theorie und Praxis gehören zusammen.

Bei einer Fahrprüfung muss sich das Gehirn in seiner besten Eigenschaft präsentieren

Interview mit Sophie | Weg zum Führerschein

Liebe Sophie, nach unserem gemeinsamen Gespräch über optimale Fahrausbildung, effektives Lernen und dem Fazit: »Die besten Autofahrer fahren mit beiden Gehirnhälften«, hast Du mich wenige Tage später auch interviewt. Es handelte sich um das Thema einer Hausaufgabe, deren Aufgabenstellung in einer Frage mündete: »Was ist ein Mensch?«

Ja, wir sollten drei Personen in unserem Umfeld diese Frage stellen.

Ich erzählte, dass ein Mensch aus Materie besteht und ein sichtbares Organ besitzt, das aufregende Gedankengänge zulässt und sich das Leben wunderbar anfühlt, wenn das »Haus der Seele« intakt ist. Materielle Substanz erzeugt also immaterielles Denken und Fühlen – der Mensch kann Autos bauen und diese steuern, aber Fahren muss sich gut anfühlen, ein wichtiger Indikator für Fahrschüler, denn erst dann ist der spürbare Moment gekommen: Ich kann es – Autofahren!

Die Fahrprüfung kann kommen! Ja, in der ersten Lernphase während der Ausbildung kann es schon mal anstrengend werden …

Es sind drei – ich nenne es mal – Baustellen die gleichzeitig während der Fahrausbildung im Fokus des Schülers und Lehrers stehen. Erstens: Das Kennen der Verkehrsregeln ist Voraussetzung, um sich zurechtzufinden, im großen Teamspiel. Fahrzeugbeherrschung, der zweite Punkt, bildet die Basis der praktischen Ausbildung und trägt zum sicheren Fahren bei, denn es gibt physikalische und technische Grenzen. Es fühlt sich gut an – der dritte Aspekt – wichtige Voraussetzung für entspanntes Fahren, vor allem für Fahrschüler bei der Prüfungsfahrt.

Die Gegenprobe sollte dennoch parallel erfolgen, das bedeutet: Mit Verstand fahren!

Was bedeutet das für Fahrschüler und Fahranfänger? Letzterer lernt ja immer dazu, muss ständig weiter üben – also: Dran bleiben, wie im Sport!

Ja, dranbleiben! Neben dem Spaß, den jeder Sportler beim Bewegen hat, braucht es Ehrgeiz, Disziplin und Talent. Übung macht den Meister!

Sophie, Du bist Turnerin, kannst Du mir anhand einer Übung den Ablauf erklären, damit es bei der praktischen Ausführung leichter ist. Gibt es Regeln zu beachten, zum Beispiel vorher aufwärmen, dehnen?

Grundsätzlich ist es wichtig, sich vor jeder Übung gut aufzuwärmen und natürlich zu dehnen, um sämtlichen Verletzungen vorzubeugen. Nach den Dehnübungen und der Aufwärmphase ist man außerdem viel beweglicher und kann die Übungen mit mehr Leichtigkeit durchführen – zur zusätzlich benötigen Kraft.

Wie bei einem Automotor, der bringt die besten Resultate auch erst nach Erreichen der Betriebstemperatur.

Beim Turnen ist das wie beim Autofahren, ich brauche gewisse Grundkenntnisse, damit es gut läuft. Zusätzlich benötige ich viel Kraft, wie ein PS-starkes Fahrzeug um einen Salto zu springen und es gibt Regeln, die ich beim Sprung nicht ignorieren darf.

Zum Beispiel?

Wenn beim Fahren die Sicherheitsabstände nicht unterschritten, die Höchstgeschwindigkeiten nicht ignoriert werden dürfen, so gilt beim Rückwärtssalto immer: Höhe vor Weite! Es ist wichtig, sich eher für hohes Springen zu entscheiden, um eine saubere Landung hinzubekommen. Beim Absprung gilt: Arme in die Höhe, Kopf nicht nach hinten ziehen. Abläufe, wie zum Beispiel die Beine zu den Armen bringen und nicht umgekehrt sind wesentlich bei diesem Element, um nicht gegen die Rotation zu arbeiten.

Ja, chronologisch arbeiten ist wichtig: Erst die Füße, dann die Hände! – Standartaussage in den ersten Fahrstunden. Noch mehr körperlichen Einsatz erfordert Motorradfahren… Du erinnerst Dich, denn von meinen Schülern erwarte ich, dass sie kurze Sätze für die praktischen Abläufe lernen, um dem eigenen Körper Anweisungen geben zu können …

… weil die Fahrabläufe noch nicht automatisiert sind!

Das ist der Trick, denn obwohl Fahren kein Hexenwerk ist, bedarf es doch einer gewissen Raumwahrnehmung, die unterschiedlicher nicht sein könnte, bei all meinen vielen Fahrschülern. So ist auch jede Ausbildung im Verlauf individuell, allerdings mit gleicher Basis (Ausbildungsstruktur), denn es gibt nur ein Ziel.

Bei sehr guten Fahrern sind beim Fahren auch immer beide Gehirnhälften aktiv.

Beim Lernen spielen immer beide Gehirnhälften eine wichtige Rolle. Bei geübten Fahrern arbeiten im Idealfall, beiden Gehirnhälfte gleich stark, denn auch Routine bürgt eine gewisse Gefahr. Selbstverständlich hat langjährige Fahrpraxis Vorteile, denn Zusammenhänge sind klar, die typischen Situationen (Bilder) wurden mehrfach erlebt und abgespeichert – ganzheitliche Sicht macht vorausschauendes Fahren möglich. Fahranfänger müssen dies durch Übung trainieren, verarbeiten Informationen Schritt für Schritt. Sie müssen die gelernten (!) Regeln anwenden und parallel dazu eine Maschine steuern, deren Abläufe technisch richtiges Arbeiten und zusätzlich eine chronologische Vorgehensweise erfordern! Lineares Denken ist gefordert bei der Anwendung der Verkehrsregel, Analyse ist notwendig und Konzentration. Richtig Spaß macht Fahren erst, wenn bei allem Wissen auch »Die Ausnahme bestätigt die Regel« endlich Anwendung findet, Zusammenhänge begriffen werden und die ganzheitliche Sicht das Fahren zum Kinderspiel werden lässt! Huuu …

Die erste Ausbildungsphase kann, ABER muss nicht anstrengend sein!

Ich muss wissen! Legen wir los: Erste Frage! Wie steuert man ein Auto langsam?

Schrittgeschwindigkeit, also vier bis sieben Kilometer pro Stunde. Ein analoger Tachometer wird allerdings 10 Kilometer pro Stunde anzeigen.

Super! Kennst Du den technischen Begriff für Schrittgeschwindigkeit?

Standgas! Praxistipp: Die Füße machen nix, das Fahrzeug rollt im Standgas mit circa 800 Umdrehungen pro Minute.

Sehr schön, die sogenannte Leerlaufdrehzahl eines typischen Automotors. Geht’s auch noch langsamer? Viele Situationen im Straßenverkehr erfordern deutlich langsameres Fahren im Straßenverkehr.

Und wer anhält, kann nichts kaputt fahren! Dein Standartausruf, bei meiner Ausbildung. Ja, deutlich langsamer fahren kann ich dann noch mit schleifender Kupplung, das heißt leichtes Gas zu Beginn des Anfahrvorganges im Zusammenspiel mit einer leicht fixierten Kupplungsbewegung. Gas und Kupplung!

Besser hätte ich es nicht sagen können und nur der Ordnung halber: Jeder Anfahrvorgang ist ein Schleifprozess und die Kupplung geht dabei auch garantiert nicht kaputt – sie ist und bleibt aber ein Verschleißteil!

Dieses Thema zog sich tatsächlich wie ein roter Faden durch die gesamte Fahrausbildung.

Könntest Du mir Beispiele nennen, die schleifendes Fahren erfordern?

Grundsätzlich immer, wenn es eng ist und ich viele Kontrollblicke machen muss, in Baustellen, Situationen mit Hindernissen, Stellen mit extrem schlechter Sicht, der Anfahrvorgang, parken, das Einfahren in schmale Straßen oder das Einbiegen in Kreuzung und gleichzeitigem Überqueren von Geh- und Radwegen.

In eine Straße einbiegen und das obwohl ich vorher stoppen musste erfordert schnell lenken und extrem langsames (schleifend) Fahren. Wie lange muss ich mit dem Kupplungspedal arbeiten, also mit dem Fuß drauf bleiben?

So lange schleifend fahren, bis ich komplett abgebogen bin, wieder in der Geraden bin!

Für meine Schüler kurze Aussagesätze: Auto gerade – Räder gerade!

Ich erinnere mich: Mit Gas und Kupplung arbeiten und mit dem Kupplungspedal entscheide ich wie schnell während des Anfahrprozesses gefahren wird. Inzwischen mache ich das automatisch.

Genau! Die kreative Gehirnhälfte arbeitet.

Das ist schon sehr entspannend, allerdings merke ich, dass ich in komplexen Situationen immer wieder Gedankengänge habe, Schilder die mir nützlich sein könnten bewusst suche und Fahrabläufe kontrolliere, zum Beispiel beim Linksabbiegen.

Bravo! Du hast es begriffen, das ist der Trick! So ist es möglich, Spaß beim Autofahren zu haben und erholt beim gewünschten Ziel anzukommen! Beim Linksabbiegen muss bei positiver Vorfahrt in die Mitte der Kreuzung eingefahren werde. Es ist aber tatsächlich nicht immer die Mitte. Erinnerst Du Dich an den Satz, der wichtig ist bei der Frage: Wo genau muss ich halten?

Lenkmoment ist Stoppmoment!

Richtig, der Moment, in dem ich lenken würde, aber aufgrund des Gegenverkehrs warten muss!

Und immer: Auto gerade, Räder gerade(!) beim Einfahren in die Kreuzung, also beim Linksabbiegen. Und die Ausnahme …

… bestätigt die Regel: Beim voreinander Abbiegen (Amerikanisches Abbiegen) muss ich in die Kreuzungsmitte einfahren und dabei nach links lenken.

Ja, sehr komplex, da muss ich mich konzentrieren.

Gibt es trotzdem Momente im Straßenverkehr, die Dich stressen, beziehungsweise: Kennst dann auch Ursachen für den Stress?

Standlenken macht keinen Sinn!

Oh, nun willst du die Ausnahmen hören.

Ja, die Ausnahme bestätigt die Regel. Es gibt genau drei Situationen, in denen es Sinn macht, die Räder trotz Stillstand zu drehen. Könntest Du darüber etwas erzählen?

Standlenken beim Rückwärtseinparken (parallel parken), wenn der hintere rechte Reifen am Bordstein angestoßen ist und korrigiert werden muss. Beim Parken in eine Kopfparklücke, Fahrzeug parallel stellen und es gilt: Auto gerade – Räder gerade! Im Stand, natürlich …

Die dritte Ausnahme?

Beim Anfahren vom Fahrbahnrand, besonders dann, wenn wenig Platz nach vorne zur Verfügung steht.

Sehr schön, Gegenprobe: Wie lange musst Du dann das Kupplungspedal beim Anfahren vom Fahrbahnrand festhalten, beziehungsweise die Geschwindigkeit durch schleifen kontrollieren?

Auto gerade – Räder gerade!

Der Kreis schließt sich. Könntest Du mir abschließend noch sagen, wie schnell man maximal an Kreuzungen, Einmündungen und Kreisen abbiegen kann, damit es sicher ist und unter Kontrolle bleibt?

Maximal mit zwanzig Kilometern pro Stunde an Kreuzungen und Einmündungen – beim Fahren im Kreisverkehr ist Dreißig das Höchste der Gefühle. Viele Abbiegevorgänge sind aber nur viel langsamer zu bewältigen. Schmale Straßen erfordern mitunter Schleifgeschwindigkeit.

Erst Denken, dann lenken!

Ich erinnere mich gerade, Du hast uns mal im Unterricht gefragt, ob Taxifahrer klug sind.

Eine sehr provokante Frage, die nicht von mir stammt, sondern ich zitierte Nils Birbaumer (Psychologe, Neurologe) er schreibt: »[…] Dass man nämlich die Taxilizenz wie den Doktortitel nur dann bekommt, wenn sich das Gehirn in seiner besten Eigenschaft präsentiert: als Organ mit einer einzigartigen Plastizität.« (Dein Gehirn weiß mehr als du denkst) Ich kann das nur bestätigen und behaupte, dass sich das Gehirn all meiner Fahrschüler die gelassen, ruhig fahrend und entscheidungskräftig ihre Fahrprüfung absolviert haben das Gehirn wirklich in seiner besten Eigenschaft präsentiert hat.

Ich war sehr aufgeregt vor meiner Fahrprüfung!

Das ist ganz normal, so gut wie jeder Schüler erlebt eine Anspannung vor der Fahrprüfung und ist aufgeregt. Ich erinnere mich noch, dass Dein Vater Dir Mut zugesprochen hat und Deine Mutter Dich beruhigte.

Sie meinte, dass ich doch nicht durchfallen würde …

Über das Lob vom Prüfer – an uns beide, habe ich mich riesig gefreut, Momente, in denen ich spüre, wie wunderbar es ist, anderen Menschen das fahren zu lehren. Eine gute Präsentation meiner Arbeit – ein größeres Geschenk kann mir kein Schüler machen. Dann hoffe ich, dass die Fahrqualität immer so bleibt und Dir das Fahren immer Freude bereitet. Kennst Du noch einen Satz, der Dir besonders in Erinnerung geblieben ist?

Gute Parker kennen die Korrekturzüge!

Oh, ja – PARKEN ist ein spannendes Thema. Aber darüber unterhalte ich mich im nächsten Interview mir den Brezelprinzessinnen aus Mainz-Bretzenheim.

Und über die weiß-rot-weiße Warntafel! (lacht)

Liebe Sophie, ich danke Dir für dieses Gespräch. Mit unglaublicher Freude habe ich Dich ausgebildet – wissbegierig und begabt wie Du bist, war es ein Leichtes, Dich das Fahren zu lehren. Inzwischen verbindet uns nicht nur die Liebe zum Sport (Yoga, Turnen), zur Musik oder zum Fahren, sondern auch Freundschaft. Wir sind uns darüber einig, dass bei allem Interesse, Fleiß oder Veranlagung natürlich auch immer ÜBUNG den MEISTER macht!

🙂

Interview: Fahrlehrerin Claudia Klame | Augustr 2019.

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